1) Worauf der Gegensatz zwischen dem Eukolos und
Dyskolos beruht.
Wie im Erkennen, so ist auch im Gefühl des Leidens oder Wohlseins
ein sehr großer Teil subjektiv und
a priori bestimmt. In jedem
Individuum ist nämlich das Maß des ihm wesentlichen Frohsinns
oder Trübsinns durch seine Natur ein für alle Mal bestimmt, welches
Maß sich gleich bleibt, wie sehr auch die äußeren Umstände wechseln
mögen. Sein Leiden und Wohlsein ist demnach nicht von außen,
sondern eben nur durch jenes Maß, jene Anlage bestimmt, welche
zwar durch das physische Befinden einige Ab- und Zunahme zu verschiedenen
Zeiten erfahren kann, im Ganzen aber die selbe bleibt und
nichts Anderes ist, als was man sein Temperament oder seine Grundstimmung
nennt. Auf der ursprünglichen Verschiedenheit dieser beruht
der Platonische Gegensatz zwischen dem Eukolos und Dyskolos,
d. i. zwischen dem, der leichten und dem, der schweren Sinnes ist.
(
W. I, 372 fg. I, 345 fg.)
2) Entgegengesetztes Verhalten des Eukolos und
Dyskolos.
Nach gleicher Möglichkeit des glücklichen und des unglücklichen Ausganges
einer Angelegenheit wird der Dyskolos beim unglücklichen sich
ärgern, oder grämen, beim glücklichen aber sich nicht freuen; der Eukolos
hingegen wird über den unglücklichen sich nicht ärgern, noch
grämen, aber über den glücklichen sich freuen. Wenn dem Dyskolos
von zehn Vorhaben neun gelingen, so freut er sich nicht über diese,
sondern ärgert sich über das Eine misslungene; der Eukolos weiß, im
umgekehrten Fall, sich doch mit dem Einen gelungenen zu trösten und
aufzuheitern. (
P. I, 345.) Die Motive, auf welche der Selbstmord
erfolgt, sind beim Dyskolos und Eukolos sehr verschieden. Je größer
die Dyskolie ist, ein desto geringerer Anlass reicht hin, Lebensüberdruss
und Selbstmord herbeizuführen; je größer hingegen die Eukolie ist,
desto mehr muss im äußeren Anlass liegen, um zum Selbstmord zu
bestimmen, die Schrecken des Todes zu überwinden. (
P. I, 346.
H. 449 fg.)
3) Vorzug des Dyskolos vor dem Eukolos.
Wie nicht leicht ein Übel ohne alle Kompensation ist, so ergibt
sich auch hier, dass die Dyskoloi, also die finsteren und ängstlichen
Charaktere im Ganzen zwar mehr imaginäre, dafür aber weniger reale
Unfälle und Leiden zu überstehen haben werden, als die heiteren und
sorglosen; denn wer Alles schwarz sieht, stets das Schlimmste befürchtet
und demnach seine Vorkehrungen trifft, wird sich nicht so oft verrechnet
haben, als wer stets den Dingen die heitere Farbe und Aussicht leiht.
(
P. I, 346.)